Chaugnar Faughns Fluch
Rezension von Karsten Sassenberg

Auf 164 Seiten kommt die neueste Kampagne für das Cthulhu-Rollenspiel aus dem Hause Pegasus daher.
Das Hardcover in dunkelblau zeigt rechts die Statue, welche Chaugnar Faugn darstellt, oder sollte es sich hierbei um die Darstellung des indischen Elefantengottes Ganesha handeln? Auch in den Ecken des Titelcovers, auf den „Buchschnallen“, prangen Köpfe des großen Alten, während sich hier und da Tentakel in das Bild winden. Im Mittelpunkt steht „Chaugnar Faugn“, einer literarische Schöpfung Frank Belknap Longs. Long hat den Cthulhu-Mythos um einige Facetten bereichert, so zählen auch die Hunde von Tindalos zu seinem Werk. Nun zurück aber zu „Chaugnar Faugns Fluch“, das Vorwort informiert den Leser darüber, das es diese Kampagne im Original so gar nicht gibt! Das erste Abenteuer „Der Fluch des Chaugnar Faugns“ wurde im englischen Original separat veröffentlicht. Das dritte Abenteuer „Das Herz des Grauens“ nimmt im Original nur sehr lose Bezug auf das erste Abenteuer. Das zweite Abenteuer „Die Prophezeiung“ ist nun extra in deutsch geschrieben worden um die notwendigen Anschlüsse herzustellen, und somit eine „rchtige“ Kampagne zu erhalten. Selbstverständlich sind die Abenteuer auch ohne große Probleme separat spielbar.
Aber nun zum Inhalt: das erste Abenteuer spielt in Berlin, und einer der Spielercharaktere wird von einer ehemaligen Freundin/Geliebten kontaktiert. Sie weiß, dass sich der Charakter schon mit seltsamen Vorgängen beschäftigt hat, die Geschichte setzt also zumindest einen Charakter voraus, der schon Erfahrungen mit dem Cthulhu-Mythos hat. Die ehemalige Freundin ist um ihren Vater besorgt, der erst vor kurzem von einer Reise aus Tibet zurück kehrte. Mit sich führte er die Statue eines seltsamen, unbekannten Gottes mit Elefantenkopf. Vor einigen Tagen hat er sich mit einem schon jahrelang gut befreundeten Wissenschaftler aus Berlin zerstritten, Gegenstand des Streites war der Elefantengott und seine wissenschaftliche Bedeutung. Und nun wird ihr Vater immer schwächer, wird zeitweise gar von geistigen Umnachtungen heimgesucht, während er wirres Zeug brabbelt. Als die Charaktere beginnen, sich mit diesem Fall zu beschäftigen, werden sie bald in eine Auseinandersetzung geraten, in der vieles nicht so erscheint wie es sich anfangs darstellt. Und dass die Bedrohung sich viel schneller und gewaltiger ausbreitet als sie vermuten.
Dieses Abenteuer fordert von dem Spielleiter schon einiges ab, denn die NSC´s müssen sehr glaubwürdig dargestellt werden, ansonsten kommen die SC zu schnell auf die Kniffe dieser Geschichte. Im Laufe der Handlung lernen sie einen genialen, aber heruntergekommenen russischen Wissenschaftler kennen, dessen Erfindung sie am Ende dringend benötigen werden, um der Bedrohung Herr zu werden. Dies gibt dem Abenteuer einen sehr pulpigen Anstrich, und würde sich auch sehr gut mit dem „Hexer von Salem“-Rollenspiel spielen lassen.
Das zweite Abenteuer „Die Prophezeiung“ spielt in London. Leider setzt es voraus, dass der SL einen Vorwand trifft, um die SC dorthin zu bringen. Es wäre meiner Meinung besser gewesen, einen wichtigen Grund für diese Reise in die Geschichte einzubauen. Vielleicht wirkt dies aber auch bei den Spielern besonders erschreckend, das eine Gefahr welche sie zu Hause scheinbar gebannt haben, droht in diesem Land entfesselt zu werden. Wie dem auch sei, während die SC nun den Spuren in London folgen, müssen sie schon bald erkennen, dass offensichtlich mittlerweile daran gearbeitet wird, den von ihnen gebannten Chaugnar Faugn wieder zu befreien. Und es besteht sogar die Möglichkeit, dass die Spieler hierbei ungewollt mithelfen. Als besonderen Clou sollte es die Spieler in zukünftigen Abenteuern gegenüber allzu hilfsbereiten NSC´s misstrauisch machen. Dieses Abenteuer ist ziemlich kurz im Vergleich zu den beiden anderen. Inhaltlich ist es solide, und bietet zahlreiche Hilfen an, welche dem SL helfen, die Handlung auch für sehr erfahrene Spieler fordernd zu gestalten.
Das dritte und finale Abenteuer „Das Herz des Grauens“ führt die Spieler nach Montreal in Kanada. Diese Stadt ist von ihrer Architektur und vom Flair ausgesprochen europäisch. So ist dort die Hauptsprache auch französisch. Schon zu Beginn des Abenteuers, genauer bei der Anreise per Zug, werden die Spieler in eine Auseinandersetzung gezogen und machen so die Bekanntschaft mit einer jungen, reichen Frau. Diese Bekanntschaft wird sie immer tiefer in einen Sog von seltsamen Ereignissen führen. Ein Pfarrer (und alter Bekannter) der SC, bei dem sie unterkommen, eröffnet ihnen von einer faszinierenden Entdeckung in seiner Kirche. Bei Bauarbeiten wurde dort eine Leiche, eher Mumie, gefunden, deren Herz aber vollkommen intakt und erhalten ist. Der Pfarrer ist überzeugt, dass dies der Beweis sei, das es sich hier um die Überreste eines Heiligen handelt. Er braucht nur noch ein paar Beweise, und natürlich können die SC ihm doch hierbei helfen. Dann kommt die junge Frau bei den SC vorbei um sie in einen Club der faszinierenden Nachtwelt Montreals einzuladen. Und schon stecken die Spieler in einem komplexen Geflecht mörderischer Ereignisse, in denen sie es mit Menschen zu tun bekommen die über seltsame Fähigkeiten zu verfügen scheinen, kirchlichen und christlichen Geheimnissen, Mordserien, Geheimbünden und natürlich Chaugnar Faugn.
Dieses Abenteuer fordert dem Spielleiter viel ab. Er muss die Handlungen diverser SC´s vorantreiben, muss auf die Aktionen der SC eingehen und den Spannungsbogen aufbauen. Da es hier eine Menge Geheimnisse gibt sei dieses Abenteuer eher erfahrenen Spielern empfohlen. Anfänger könnten doch Gefahr laufen, die Übersicht zu verlieren. Für meinen persönlichen Geschmack ist das Ganze etwas arg überladen mit übernatürlichen Dingen.

Insgesamt ist diese Kampagne aber eine gelungene Sache. Wie von Pegasus schon gewohnt, gibt es viele passende Fotos und Karten, das Ganze in dem sehr gelungenem Layout. Diese Kampagne lässt sich vom Umfang in etwa mit „Auf den Inseln“ vergleichen, nur dass diese etwas komplexer ausfällt. Also somit kein umfangreicher Brocken wie „Nyarlahoteps Schatten“, sondern in einem absehbaren Zeitraum zu schaffen.


Chaugnar Faughns Fluch
von William A. Barton, Sheldon Gilett und Jan Christoph Steines
Pegasus Press; 2006
164 Seiten; € 24.95 (bei Pegasus)