RuneQuest
Rezension von André Jarosch

Nun ist es also so weit: RuneQuest ist wieder erhältlich, wurde überarbeitet und in 4ter Edition von Mongoose Publishing herausgegeben.

Erster Eindruck:
Das Grundregelbuch von Mongoose Publishings neuer RuneQuest Version kommt als 128seitiges Hardcover daher, dessen Covergestaltung gleichermaßen schlicht wie edel erscheint. Der von Runen gesäumte Schriftzug hat etwas vertrautes aus alten RQ Tagen, und wirkt dennoch strahlender als je zuvor. Auf ein fantasytypisches Titelbild wurde zugunsten einer Rune verzichtet die alles sagt: Unendlichkeit. Unendliche Spielmöglichkeiten, unendliche Welten, unendliche Stunden an Spaß ...
Schon beim ersten durchblättern ist ein sauberes Layout und einen geradliniger Aufbau erkennbar. Illustrationen habe ich zwar schon bessere gesehen, aber auch schon schlechtere.

Inhalt:
Um es vorwegzunehmen: Dies ist zwar das Grundregelbuch und reicht aus um Spielen zu können, aber es geht nicht auf alle Aspekte der Charakterhintergründe, des Kampfes und der Magie ein, die durch RQ3 bekannt sind, sondern wird erst zusammen mit seinem “Bruder”, dem “RuneQuest Companion”, zu dem was RuneQuest immer war.
Der Aufbau des Regelbuches kommt einem Vertraut vor. Nach einer kurzen “Einführung“ in das Rollenspiel an sich und RuneQuest im besonderen, mit seinen Besonderheiten der Runen, Questen und Kulte geht es in „Erschaffung eines Abenteurers“ gleich daran einen Charakter zu kreieren.
Ein Charakter besteht aus:
- 7 Charakteristika (Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Größe, Intelligenz, Mana und Charisma; wobei auffällt, dass der RQ3 Wert Aussehen fehlt und statt dessen wieder zu dem RQ2 Wert Charisma wurde) in einem Wert zwischen 3 und 18.
- einer Zahl damit verbundener Attribute (Kampfaktionen, Schadensbonus, Trefferpunkte, Magiepunkte, Aktionsphasen),
- 22 verschiedenen Basisfertigkeiten, deren Startwert von den Charakteristika abhängt,
- weiteren Fertigkeiten, bzw. durch die Vorerfahrung aus 4 wählbaren Hintergründen (Barbar, Bauer, Stadtbewohner oder Adeliger) und 31 Berufen (vom Akrobaten, über den Jäger, bis zum Söldner oder Zauberer) modifizierten Werten,
- 100 weitere Prozentpunkte können frei auf die bisherigen Fertigkeiten verteilt werden,
- Generelle Informationen, wie Bewegungsreichweite, Heldenpunkte (das was einen Charakter von „normalen“ Menschen unterscheidet), Alter und Aussehen,
- zuguterletzt kann noch Ausrüstung erworben werden.
Durch diese Art der Charaktererschaffung kann schon eine Bandbreite an typischen Abenteuercharakteren abgedeckt werden und auch auf persönliche Präferenzen der Spieler wird Rücksicht genommen.
Im Kapitel “Fertigkeiten“ wird der Einsatz von Fertigkeiten, eventuelle Schwierigkeiten, Kritische Erfolge und Fehlschläge etc. besprochen. Das Spielsystem ist fertigkeitsbasierendes Prozentsystem, bei dem der aktuelle Wert unterwürfelt werden muss, um einen Erfolg zu erzielen. 20 Basis- und 14 Fortgeschrittenenfertigkeiten werden mit je einem Absatz erklärt. 16 Waffenfertigkeiten (jede Waffenkategorie hat ihre eigene Fertigkeit; es ist eben nicht egal ob man mit einem 1H Schwert oder mit einer 1H Axt kämpft) und eine Magiefertigkeit schließen den Abschnitt ab.
Im Kapitel „Ausrüstung“ bekommt man allgemeine Hintergrundinformationen zur Umwelt von RuneQuest in Sachen Geld, Lösegeld, Status, Waffen-, Rüstungs- und generelle Ausrüstungspreise (im Falle der Waffen auch deren Spielwerte), Tiere und Transport, Nahrung und Unterkunft, Magische Kristalle und Tränke.
Alles ist aber erst einmal auf eine generische Fantasywelt ausgerichtet, so dass diese Daten und Preise je nach Spielwelt hier und da noch angepasst werden sollten.
RuneQuest ist keine Ausnahme darin Kampffertigkeiten zu betonen indem es ihnen mit „Kampf“ ein eigenes Kapitel widmet. Eine Kampfrunde besteht aus mehreren Aktionen, abhängig von der, mit einem Würfelwurf modifizierten, Aktionsphase des Charakters. Nahkampf, einschließlich Kritischer Treffer, Ausweichen, Parade und Freie Angriffe, werden erklärt. Fernkampf mit seinen Modifikatoren, Deckung, Rüstung und Schaden spezifiziert. Alle Waffenfertigkeiten unterscheiden sich nur die große Anzahl von Zusatzregeln und Gegenreaktionsmöglichkeiten von den gewöhnlichen Fertigkeiten, ansonsten sind sie genauso Prozentsystembasiert. Die Körpertrefferzonen sind von besonderem Interesse, da Charaktere in Mongoose RuneQuest keine Gesamtlebenspunkte mehr besitzen, sondern an Blutverlust oder Zerstörung von Kopf, Brust oder Unterleib sterben. Da kann schon mal ein arm oder Bein abgehackt werden, oder ein heftiger Treffer in den Unterleib zum Tode führen. Regeln und Spezifikationen für Rückstoß durch die Wucht eines Angriffs, Zweiwaffenkampf mit Schild, Berittenen Kampf und Unbewaffneten Kampf geben noch mehr Möglichkeiten sich einander zu beharken.
Neu in Mongoose Version von RuneQuest werden Heldenpunkte eingeführt, sie und ihr Nutzen wurden aus dem anderen Glorantha-Rollenspiel „HeroQuest“ importiert; sie dienen der Modifikation oder Wiederholung eines nicht genehmen Würfelwurfs oder zum Kauf besonderer Fertigkeiten.
In dem Kapitel „Magie“ werden die 6 Arten der Magie (Runenmagie, Göttliche Magie, Animistische Magie, Zauberei, Drachenmagie und Dämonologie) angesprochen und erklärt was es mit Magiepunkten auf sich hat. Danach wird das Magiesystem besprochen welches als einziges im Grundregelbuch zu finden ist: Runenmagie.
Bei der Runenmagie handelt es sich um tatsächliche Runen (sei es als Steine, Kristalle, etc.) die gefunden und integrieren werden müssen, wonach ein mit der Rune verbundener Zauber erst zugänglich wird. 35 Runen mit insgesamt 51 Zaubern werden in diesem Kapitel beschrieben. Hier wurde versucht dem Titel des Regelsystems unübersehbar mit dem Inhalt zu verbinden: Questen nach Runen werden nun ein wichtiger Spielbestandteil.
Im Kapitel “Kulte” wird beschrieben wie man einem Kult beitritt und was es erfordert in den Rang eines Initiierte, Akolyten, Runenpriesters oder Runenlords aufgenommen zu werden und welche Verpflichtungen und Vorteile dies mit sich bringt. Zudem werden 5 Kulte generischer Fantasygötter beschrieben. Letzten Endes steht noch jedem die Hoffnung auf Göttliche Intervention offen, um die aber auch erst gebeten werden muss.
„Auf Abenteuer“ umfasst alle Informationen zu Zeit, Bewegung, Sehen und gesehen werden, Ausdauer, Hitze & Kälte, Ersticken, Gift und Krankheiten. Also allem was einem Abenteurer sonst noch das Leben schwer machen kann.
„Entwicklung von Abenteurern“ beschäftigt sich mit dem Einsatz von Heldenpunkten, der Erhöhung von Fertigkeiten über 100%, der Steigerung von Charakteristika, beschreibt 18 Legendäre Fertigkeiten (die mit Heldenpunkten erworben werden können) und 4 „Charaktererfahrungsstufen“ (Erfahren, Veteran, Meister und Held), je nachdem welche Art von Kampagne gespielt werden soll.
Ein ganzes Kapitel widmet sich den „Kreaturen“. 21 generische, wie auch gloranthaspezifische Tiere, Monster und Völker werden beschrieben, mit Werten (auswürfelbar, aber auch mit angegebenen Durchschnittswerten der Spezies), so wie Bild (zumindest bei 15 von ihnen).
Ein zweiseitiger “Index”, ein Referenzblatt zu den Runen und ein simple gestaltetes Charakterblatt schließen das Buch ab.

Für und wieder:
Ein Hardcover ist eine feine Sache und das Layout ist sauber, so kann man lange Zeit was vom Regelbuch haben ohne dass es sich auflöst.
Die Regeln kommen jedem der schon einmal ein Basic Role Playing Buch in den Händen hatte (RuneQuest, Cthulhu, Stormbringer, Nephilim, etc.) vertraut vor. RQ ist den BRP Systemen ähnlich genug, dass alte RQ Quellenbücher oder die anderer BRP Systeme mit verwendet werden können, aber dennoch sind die Regeln leicht verändert und auf die “modernen Ansprüche” angepasst worden. Das heißt: Der Großteil der Regeln wurde in etwa so beibehalten wie in RQ3 (von Avalon Hill, bzw. in der deutschen Version von WDS) gehabt, nur umformuliert. Ein weiterer Teil wurde verbessert, entweder durch Vereinfachung oder durch logischere Regelung und kleine Ergänzungen, während der letzte Regelanteil verschlimmbessert wurde; Regeln wurden verändert obwohl die alten Regelungen gut funktionierten, bzw. es wurden Ideen integriert die klare Zugeständnisse an die bisherige Klientel von Mongoose Büchern waren: D&D Spieler.
Zum Glück sind Regeln ja nur Vorschläge und kein Gesetz, so dass (solange sich die Spielrunde einig ist) die Regelungen die nicht erwünscht sind einfach weggelassen werden können.
Mongoose RuneQuest ist ein gutes Regelbuch in der Tradition von Chaosiums RQ2 und Avalon Hills RQ3 und braucht sich hinter seinen Vorgängern, trotz mancher Änderung nicht zu verstecken.

Fazit:
Klasse Regelbuch für generische Fantasyhintergründe. Ein wahrer Nachfolger des alten RuneQuest3 und eine echte Alternative zu D&D.
Kauft das Buch, aber tut euch einen Gefallen und besorgt euch zumindest das Companion gleich mit!


RuneQuest
von Matthew Sprange
Mongoose Publishing; Juli 2006
128 Seiten, Hardcover; € 20.00 (bei
www.tradetalk.de)