ANMERKUNGEN ZUM SCHADENSBONUS
Von Andreas Müller

Berechnung des Schadensbonus
Zunächst einmal etwas historische und stochastische Vorarbeit: 

  • In allen historischen Quellen ist es als unumstößliche Tatsache akzeptiert, daß mit dem Breitschwert kein Durchkommen durch den Plattenpanzer möglich ist. Durch die Abbildung auf 1W8+1 Schaden durch Breitschwert und RS 9 für Plattenpanzer mit Padding ist dieser Tatsache bei RQ durchaus Rechnung getragen.
  • Bei der Betrachtung der Summe von Eigenschaften, die mit 3W6 und 2W6+6 ausgewürfelt werden, kann man die Wahrscheinlichkeitsverteilung von 5W6+6 betrachten:

Bei der Betrachtung der Summe von Eigenschaften, die beide mit 3W6 ausgewürfelt werden, kann man die Wahrscheinlichkeitsverteilung von 6W6 betrachten:

In Anbetracht dieser Wahrscheinlichkeitsverteilungen bin ich mit der Tabelle für Schadensboni so, wie sie in den Regeln steht, überhaupt nicht zufrieden. Meiner Meinung nach wurde bei dem Design dieser Regel keine Rücksicht auf eine ausgewogene Wahrscheinlichkeitsverteilung genommen, und als im Laufe der Verfeinerung der Regelsysteme die Größe von 3W6 auf 2W6+6 erhöht, die Tabelle aber nicht entsprechend angepaßt wurde, ist dieses Ungleichgewicht noch stärker geworden. 

Um als Mensch den Abzug von -1W4 zu erhalten, muß man sich ziemlich anstrengen (Gr 8 und St 3 oder 4 oder Gr 9 und St 3, was 6 Würfelmöglichkeiten insgesamt bei Stärke und Größe entspricht) während der Bonus von +1W4, der ja im Endeffekt bewirkt, daß man mit dem Breitschwert doch durch den Plattenpanzer kommt (!), bei ca. 40 % der menschlichen Bevölkerung vorhanden ist. Das ist auf jeden Fall zuviel. 
In der untenstehenden Tabelle habe ich die Wahrscheinlichkeitsverteilung für Schadensboni beim Menschen dargestellt. Links befindet sich die Verteilung für das im Regelwerk vorgeschlagene System mit St 3W6 und Größe 3W6 bzw. 2W6+6, auf der rechten Seite befindet sich die Verteilung bei der von mir vorgeschlagenen Variante für das Cthulhu-System:

Bei meiner Verteilung sind 75 % der Bevölkerung normal in dem Sinne, daß sie keine Boni erhalten, und Mali und Boni halten sich ungefähr die Waage. Ich denke, das ist eine vernünftigere Verteilung als 40 % der Bevölkerung Boni zu geben. Leider führt dieses System dazu, daß Enten, Elfen und Halblinge zu einem großen Teil negative Schadensboni erhalten. Dies ist aber gerade in CoC kein Argument für das alte System! 
Für RuneQuest würde ich daher ein stärker verändertes System vorschlagen: Der Anteil der Größe bei der Bestimmung des Schadensbonus ist mir persönlich zu hoch. Ich gebe zu, daß ein größerer Hebel mit stärkerer Wucht zuschlagen läßt, aber in der Definition der Charaktereigenschaften wird das Attribut Größe nur indirekt als die Körpergröße definiert, sondern primär als die Masse bzw. das Gewicht. Daher stelle ich nun Variante RQ vor: (Größe plus dreimal Stärke) dividiert durch 2, anschließend runden. In Kombination mit ein wenig veränderten Bereichen hat man ein etwas aufwendigeres, aber gerechteres System im Vergleich zur Variante Cthulhu:

St + Gr

Bonus

Mensch

Elf

Ente

Halbling

Troll

Zwerg

1-12

-1W4

00,08

02,60

37,50

70,37

00,00

01,97

13-24

0

59,95

96,53

62,50

29,63

00,45

77,45

25-32

+1W4

39,25

00,87

00,00

00,00

27,49

20,40

33-48

+1W6

00,72

00,00

00,00

00,00

72,05

00,18

49-64

+2W6

00,00

00,00

00,00

00,00

00,01

00,00

Variante Cthulhu:
 

St + Gr

Bonus

Mensch

Elf

Ente

Halbling

Troll

Zwerg

1-18

-1W4

09,80

56,60

95,37

100,0

00,00

27,94

19-27

0

75,00

43,40

04,63

00,00

03,59

65,98

28-32

+1W4

14,48

00,00

00,00

00,00

24,35

05,90

33-48

+1W6

00,72

00,00

00,00

00,00

72,05

00,18

49-64

+2W6

00,00

00,00

00,00

00,00

00,01

00,00

Variante RQ:
 

éSt*1,5+Gr*0,5ù

Bonus

Mensch

Elf

Ente

Halbling

Troll

Zwerg

1-16

-1W4

10,10

32,29

65,28

83,02

00,00

05,98

17-27

0

75,36

67,71

34,72

16,98

07,77

63,34

28-32

+1W4

13,34

00,00

00,00

00,00

28,27

23,41

33-48

+1W6

01,20

00,00

00,00

00,00

63,95

07,27

49-64

+2W6

00,00

00,00

00,00

00,00

00,01

00,00

Die Variante RQ hat zwar immer noch negative Auswirkungen auf die Boni von Elfen, Enten und Halblingen, das Problem ist aber, daß die menschlichen Werte die Meßlatte so weit oben anlegen. Die Werte beim Menschen lassen keine andere Verteilung zu, ohne daß unrealistische Effekte entstehen. Man kann argumentieren, daß der Mensch im Vergleich eine wesentlich stärkere Rasse ist, und vom Prinzip her liegt das Problem eher in den Werten, die die anderen Rassen erreichen können, als in der Variante RQ. 
Variante Cthulhu würde ich aufgrund der extrem starken Auswirkungen auf die Metamenschheit nur bei CoC anwenden. Die Variante RQ ist nicht wesentlich aufwendiger als die beiden anderen Methoden, und deshalb genauso praktikabel. Dies gilt vor allen Dingen, wenn man bedenkt, daß der Schadensbonus meist nur einmal bei der Charaktererschaffung berechnet wird. Der Spielfluß wird also nicht verlangsamt.
Ein zusätzlicher Effekt wäre, daß sich nun auch aus den Regeln heraus die Bevorzugung von Fernwaffen, bei denen sich der Schadensbonus nicht oder nur zur Hälfte niederschlägt, bei den körperlich schwachen Völkern erklären würde.

Anwendung des Schadensbonus auf Stoß- und Hiebwaffen
Beim Stoß kann nicht soviel Kraft eingesetzt werden und der Hebel, der durch die Größe vermittelt wird, wirkt sich überhaupt nicht aus. Mögliche Belege für diese Ansicht sind das Jahrmarktspiel ‘Hau den Lukas’, bei dem wegen der größeren Kraftentwicklung ein Hieb durchgeführt wird. Außerdem ist klar, daß bei zweihändigen Speeren die Bewegungsfreiheit stärker eingeschränkt ist, also weniger Schwung geholt werden kann. 

Ein häufig genanntes Gegenargument ist die Frage, warum der Mensch dann einen gerade ausgeführten Stoß mit der Faust (einen Punch) dem Handkantenschlag bevorzugt. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß der Punch schneller ausgeführt werden kann und der Gegner dadurch schlechter ausweichen kann. Außerdem erfordert ein Handkantenschlag viel Training, wenn man sich nicht die Handknochen brechen will, während beim Punch die Kraftverteilung für die Hand besser ist. Gorillas und Schimpansen dagegen, die von Natur aus eine besser ausgeprägte Handmuskulatur haben (und noch längere Arme, so daß sich der Hebel noch stärker auswirkt), wirbeln ihre Fäuste in Hieben von oben nach unten. 
Über all das hinaus möchte ich auch noch regeltechnisch argumentieren: Stichwaffen sind aufgrund der Impale-Regel durch das Regelsystem stark bevorzugt. Um da eine Balance zu schaffen, muß es einen Nachteil für Stichwaffen geben. Glücklicherweise sind fast alle Stichwaffen gleichzeitig Stoßwaffen, so daß die folgende Regelung meine Spieler zum Umdenken brachte:
Beim Stoß (anders als beim Hieb) wird der Schadensbonus durch hohe Stärke und Größe halbiert (1W4ð1W2; 1W6ð1W3; 2W6ð2W3 usw.). Beim Werfen einer Stoßwaffe wird der Schadensbonus allerdings dann nicht nochmals halbiert! 
Das erklärt dann auch, warum schwächere Personen Stoßwaffen und stärkere Personen Hiebwaffen bevorzugen und warum Hiebwaffen mit einer stechenden Spitze (Schnabeläxte, Streithämmer, ...) so gefürchtet und wirkungsvoll sind (Impale + voller Schadensbonus).